Heiliger Nikolaus

Die Gifhorner Stadtkirche ist dem Heiligen Nikolaus geweiht. Auch wenn dieses Patrozinium erst sehr spät dokumentiert ist (nämlich 1959, als sich die evangelische Kirche in Gifhorn in St. Nicolai und Martin-Luther aufspaltete), so besteht an dieser Zuordnung kein Zweifel. Der älteste Hinweis dürfte die Flurbezeichnung »Clausmoor« sein, da hier die Kirche nachweislich Ländereien besaß.

Aber was wissen wir über den Heiligen Nikolaus, dessen Namenstag am 6. Dezember noch heute mit Geschenken gefeiert wird?

Historische Personen

Die schlichte Antwort lautet: sehr wenig. Der griechische Name Nikolaos kommt sehr häufig vor und setzt sich aus den Wörtern nike=Sieg und laos=Volk zusammen.

Wahrscheinlich hat es zwei Kirchenobere mit diesem Namen gegeben.

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Erstes Konzil von Nicäa (325): Kaiser Konstantin entrollt den Text des Glaubensbekenntnisses. (Foto: Wikipadia)
  • Nikolaus (1) war im 4. Jahrhundert Bischof von Myra in Lykien. Teilnehmerlisten von dem berühmten Konzil von Nicäa enthalten seinen Namen,
  • Nikolaus (2) war Abt von Sion und später Bischof von Pinara. Er starb 564.

Alle genannten Orte liegen in Kleinasien in der heutigen Türkei.

Legendenbildung

Während die historischen Zeugnisse über beide Personen nur sehr spärlich sind, bilden sich desto mehr Legenden um ihr Leben. Dabei verschmelzen sie zu einem Heiligen.

So gibt es die Legende, wonach Nikolaus drei Jungfrauen vor der Prostitution bewahrt hat. Ihr verarmter Vater sieht keinen anderen Ausweg für sie, weil er ihre Mitgift nicht aufbringen kann. Als Nikolaus davon erfährt, soll er drei Nächte hintereinander Gold durch das Fenster ihres Schlafzimmers geworfen und sie so vor dem Schicksal gerettet haben. Nikolaus gilt daher auch als Schutzheiliger der Jungfrauen.

Auf dieser Legende basiert der Brauch, dass der Nikolaus am Vorabend seines angenommenen Todestages (6. Dezember) Gaben bringt.

Die angebliche Stillung eines Seesturms führt dazu, dass Nikolaus zum Patron der Seefahrer wird. Das wird später allgemein auf Kaufleute und Binnenschiffer ausgedehnt.

Ausbreitung der Verehrung

Die Verehrung für den heiligen Nikolaus breitet sich ab dem 6. Jahrhundert über den gesamten Mittelmeerraum aus.

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Kaiser Justinian. MosaIk aus der Basilika San Vitale in Ravenna. (Foto: Wikipedia)

550: Kaiser Justinian (um 482-565) weiht ihm um eine Kirche in Konstantinopel. In der Folgezeit gewinnt dessen Kult große Popularität.

Um 800: Von einer Italienreise bringt der Friesen-Missionar Liudger (um 742-809) die Heiligenlegenden mit nach Münster und gründet in Billerbeck die erste Nikolauskirche nördlich der Alpen.

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Otto und Theophanu empfangen ihre Kronen aus den Händen Christi. Elfenbeintafel um 982. (Foto: Wikipedia)

972: Die byzantinische Prinzessin Theophanu (991) heiratet Otto (955-983), Sohn und Erbe von Kaiser Otto I. (912-973). Sie fördert den Kult um Nikolaus.

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Kirche in Bari. Pilger am Grab des Hl. Nikolaus um 1425. Gemälde von Gentile da Fabriano. Heute in Washington, National Gallery of Art. (Foto: Wikipedia)

1087: Italienische Kaufleute aus Bari nutzen die unruhige Zeit (Kämpfe zwischen byzantinischen Truppen und Seldschuken), um die vermeintlichen Gebeine des Heiligen Nikolaus in ihre Heimat zu überführen. Fortan wird Bari in Italien zur zentralen Pilgerstätte des Nikolaus-Kultes.

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Hl. Nikolaus. Altarfigur von Benedikt Dreyer um 1510/1520, Ursprünglich Stadtkirche St. Marien zu Uelzen, heute nds. Landesmuseum Hannover. (Foto: Gierz)

In den folgenden Jahrhunderten werden in Deutschland über 2000 Kirchen dem Nikolaus geweiht. Dazu gehören auch fast alle Hansestädte. Obwohl Gifhorn nur Unterwegsstation an einer Handelstraße war, wird ihm auch hier die Kirche geweiht.

Kritik von Martin Luther

Bis zur Reformation, die sich die Abschaffung jeglicher Heiligenverehrung auf die Fahnen geschrieben hatte, erhielten die Kinder am 6. Dezember ihre Weihnachtsgeschenke.

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Martin Luther 1528. Gemälde aus der Werkstatt von Lucus Cranach (Foto: Gierz)

Als »kyndisch Ding« lehnt Martin Luther die Legende um Nikolaus in einer Predigt zum Nikolausfest 1527 ab. Doch trotz seiner Widerstände gegen den katholischen Kult läßt Luther Nikolaus als Gabenbringer noch einige Zeit in seiner Familie gewähren: in einer Haushaltsrechnung aus dem Jahr 1535 sind Ausgaben für 135 Nikolausgeschenke an die von Luther und seiner Frau Katharina betreuten Kinder sowie Jahrmarktsgeschenke für das Gesinde aufgeführt.

Als Ersatz für den Nikolausbrauch am 6. Dezember versucht Martin Luther das Beschenken durch das Christkind am 25. Dezember zu beleben. In vielen - auch in katholischen - Ländern wird die Bescherung auf Weihnachten verlegt.

Literatur

Carola Nathan, »Du lieber, heiliger Nikolaus« in »Monumente, Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz«, Heft Dezember 2014

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