Visitation
Die Visitationen, die von 1526 an, zunächst örtlich begrenzt, dann umfassend und regelmäßig in Kursachsen stattfanden, waren entscheidende Instrumente der Umgestaltung der mittelalterlichen zu evangelischen Kirchen. Sie wurden bald auch in anderen Territorien, die sich der Reformation anschlossen, übernommen. Dazu gehörte auch das Fürstentum Lüneburg unter Herzog Ernst.
Im Auftrag der Landesherren veranstaltet, wurden sie von gemischten Kommissionen aus Theologen und Juristen durchgeführt. Deren Aufgabe war eine umfassende Bestandsaufnahme und Mängelkorrektur im Blick auf die Gemeinden und ihre Pfarrer – vom Zustand der Gebäude und der finanziellen Ausstattung über den Schulunterricht, die Kirchenzucht, die Ordnung des Gottesdienstes, das Bekenntnis und die religiösen Grundkenntnisse der Gemeinde bis zu Bekenntnis, theologischem Bildungsstand und Amtsführung des Pfarrers.
Zur kontinuierlichen Fortführung ihrer Arbeit setzten die Visitationskommissionen feste bischöfliche Amtsträger, die Superintendenten, ein. Später entwickelten sich dazu auch ständige Behörden (Konsistorium, Kirchenrat).
So vielfältig die Gegenstände waren, mit denen sich die Visitationen beschäftigten, stand im Mittelpunkt doch die Sorge um die rechte Verkündigung des Evangeliums. Das zeigen grundlegende Dokumente, die im Zusammenhang der kursächsischen Visitationen entstanden:
- Martin Luthers Katechismen, die aus der Erfahrung der Unkenntnis elementarer Glaubensinhalte in den Gemeinden und tiefgreifender Defizite in der theologischen Bildung der Pfarrer hervorgingen,
- Philipp Melanchthons »Unterricht der Visitatoren«, den dieser nach ausführlicher Beratung im Kreis der Visitatoren 1528 verfasste, ein Leitfaden, der aus der Visitationspraxis hervorgegangen war und ihr dienen sollte.
- Luthers Vorwort zu Melanchthons Werk, in dem er sich grundsätzlich über Sinn und Notwendigkeit der Visitation äußerte,
Luther nannte die Visitation selbst ein »göttlich, heilsam Werk«.